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Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen e. V. | Detail

Gern genommen — aber nicht bezahlt

Krankenkassen verweigern kostendeckende Finanzierung der Familienpflege

Essen. — Zum wiederholten Male sind die landesweiten Vergütungsverhandlungen für die Familienpflege zwischen Krankenkassen und der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW (LAG) gescheitert. »Gerne rufen Mitarbeiter der Krankenkassen bei uns an und bitten um Einsätze der Familienpflege. Aber eine kostendeckende Finanzierung verweigern die Kassen«, kritisierte LAG-Vorsitzende Andreas Meiwes am Montag in Essen. Dabei werde dieser Dienst mehr denn je gebraucht. Familienpflegerinnen unterstützen bei Ausfall der Mutter wegen Krankheit die Familie und führen den Haushalt. In Krisensituationen stärken sie die Kinder. »Es ist ein Unding, dass die Krankenkassen diese gesetzlich vorgeschriebene Aufgabe unzureichend finanzieren«, kritisierte der LAG-Vorsitzende.

Mit rund 40 Euro wäre die Fachstunde kostendeckend finanziert, bei gut 19 Euro steht das Angebot der Kassen. Dabei zahlen sie für Fachkräfte in fast allen anderen Bundesländern schon zum Teil deutlich mehr. Die Familienpflegedienste haben in den vergangenen Jahren die hohen Defizite durch Eigenmittel ausgeglichen. »Das ist auf Dauer nicht durchzuhalten«, erklärte Dr. Albert Evertz, Verhandlungsführer der Freien Wohlfahrtspflege NRW. Viele Familienpflegedienste hätten bereits aufgeben. Dabei ist Familienpflege keine freiwillige Wohltat, sondern die Krankenkassen »haben hier einen gesetzlichen Sicherstellungsauftrag«, so Evertz.

Ist auf Landesebene nach jahrelangem Verhandeln keine bessere Vergütung zu erreichen, werden »die Familien diesen gesetzlichen Anspruch immer weniger einlösen können«, stellte Evertz fest. Notwendig sei im Interesse der Familien mindestens der Erhalt der jetzigen Dienste. Denn schon jetzt gebe es einen höheren Bedarf, als mit den vorhandenen Mitarbeitern abgedeckt werden könne. »Oft gibt es keine Ausgleichsmöglichkeiten mehr innerhalb der Familie und die Nachbarinnen, die früher eingesprungen sind, gehen heute arbeiten«, benannte Evertz einige Gründe für den steigenden Bedarf.

Vor allem Komplikationen in der Schwangerschaft und lebensbedrohliche Erkrankungen eines Elternteils erfordern den Einsatz der Familienpflege, wenn minderjährige Kinder zu versorgen sind. In den komplexen Problemlagen seien Fachkräfte erforderlich, die nicht nur einen Haushalt organisieren können, »sondern sowohl pflegerisch als auch erzieherisch ausgebildet sind«, so Evertz. Familien als Lebens- und Verantwortungsgemeinschaft sind verletzlich und zunehmend belastet. Ein aktuelles Problem ist das rapide Anwachsen der Armut vor allem bei Alleinerziehenden und Familien mit Kindern. Nach dem Landessozialbericht NRW (2007) gelten 14,2 Prozent der Bevölkerung als armutsgefährdet. Bei kinderreichen Familien mit drei und mehr Kindern beträgt die Quote 43,3 Prozent.

Markus Lahrmann
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