Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention gibt vor: Menschen mit Behinderung muss der Zugang zu einem inklusiven Schulsystem ermöglicht werden.
Seit vielen Monaten wird in Nordrhein-Westfalen über den Aufbau eines inklusiven Schulsystems diskutiert und gestritten. Aktuell entzündet sich ein Streit zwischen Kommunen und Landesregierung vor allem an den erwarteten Kosten für eine angemessene Ausstattung der Schulen. Zu häufig gerät dabei allerdings aus dem Blick, dass ein inklusives Schulsystem eine gute Zukunftsinvestition ist.
Schon jetzt erbringen in NRW viele soziale Dienste Leistungen der Schulbegleitung in enger Zusammenarbeit mit den Schulen. Ihr gemeinsames Ziel: den Schulbesuch für Kinder und Jugendliche mit Behinderung sicherzustellen. »Der individuelle Bedarf ist entscheidend dafür, welche Unterstützung geleistet wird. Dabei werden auch die persönlichen Fähigkeiten der Kinder und Jugendlichen berücksichtigt und weiter gefördert. Die Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter sind für einen oder auch mehrere Schülerinnen und Schüler zuständig«, erläutert Rudolf Boll, Vorsitzender des Arbeitsausschusses Hilfen für Menschen mit Behinderung der LAG Freie Wohlfahrtspflege NRW. Schulbegleitung schließt praktische Hilfestellungen während des Unterrichts, in den Pausen oder bei Ausflügen ein: Schulbegleiter/innen unterstützen Schüler/innen zum Beispiel bei der Kommunikation, beim Packen der Schultasche oder auch bei Toilettengängen. Sie veranschaulichen Lerninhalte und wirken motivierend oder beruhigend auf die Schüler/innen mit Unterstützungsbedarf ein, damit sie am Unterricht teilnehmen können und in den Klassenverband integriert werden. »Schulbegleitung ist zurzeit eine wichtige personelle Ressource, die für einen gelingenden Schulalltag notwendig ist«, betont Ludger Jutkeit, Vorsitzender der LAG Freie Wohlfahrtspflege in NRW.
Die LAG der Freien Wohlfahrtspflege in NRW hat aktuell eine Broschüre zum Thema aufgelegt, in der eine Leistungsbeschreibung der Schulbegleitung Inhalte und Ziele aufzeigt. Dort werden zudem zwei Schüler im Alter von zehn und zwölf Jahren vorgestellt, die dank dieser Unterstützung erfolgreich die Schule besuchen. Die Broschüre soll eine Diskussion anregen, um gemeinsam mit Politik, Verwaltung und Schule den Weg zu einem inklusiven Schulsystem zu gestalten.
»Eine inklusive Schule braucht zusätzliche Personal-Ressourcen und individuelle sowie qualitativ hochwertige Förderangebote. Nach den ersten Entscheidungen des Landes zur Umsetzung von Inklusion bedarf es noch weitergehender politischer Entscheidungen, damit dieser Streit um die Personalkosten nicht auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen ausgetragen wird«, sagt Rudolf Boll.
Die Strukturen der Schulbegleitung sind in Nordrhein-Westfalen unterschiedlich gestaltet. Die Dienste der Wohlfahrtsverbände haben mit den Schulen und den Kommunen zum Teil eigene Rahmenbedingungen ausgehandelt, damit eine Zusammenarbeit möglichst gut funktioniert. Weil absehbar ist, dass der Bedarf an Schulbegleitung weiter steigen wird, wollen die Beteiligten diese Strukturen weiterentwickeln und verbessern. Ziel ist es, den Weg zu einem inklusiven Schulsystem im Sinne der Schülerinnen und Schüler weiter zu gestalten.
In dem aktuellen Streit zwischen Kommunen und Landesregierung geht es nicht nur um notwendige Umbaumaßnahmen und Ausstattung der Schulen, sondern auch um Kosten für die Unterstützung durch Schulbegleitung. In einer Entscheidung des Landessozialgerichts vom Dezember 2013 wird die Kommune zur Finanzierung einer Schulbegleitung verpflichtet, weil diese Unterstützung nicht zum Kernbereich der pädagogischen Aufgaben der Schule gehöre. Das Gericht sieht allerdings auch die Gefahr, dass wegen einer unzureichenden Personalausstattung der Schulen die finanziellen Belastungen den Kommunen aufgebürdet werden.
Das Zukunftsbild ist eine inklusive Schule, die nicht allein für Kinder und Jugendliche mit Behinderung sowie mit besonderem schulischem Förderbedarf die nötige individuelle Unterstützung zur Verfügung stellt. Sie hätte ebenso eine verbesserte schulische Situation von sozial benachteiligten und in verschiedenster Weise individuell beeinträchtigten Schülerinnen und Schülern zur Folge und könnte darüber hinaus die soziale Kompetenz aller stärken.
Schulbegleitung ist eine gute Investition in die Zukunft aller Schülerinnen und Schüler. Die Beispiele, in denen der gemeinsame Unterricht bereits erfolgreich umgesetzt wird, sind Ansporn für die Träger der Freien Wohlfahrtspflege, diesen Weg gemeinsam mit den Schulen auch in Zukunft mitzugestalten.
Download der Broschüre:
www.freiewohlfahrtspflege-nrw.de unter Positionen > Archiv 2014
Einzelne Broschüren können bestellt werden beim Paritätischen Landesverband NRW, Loher Straße 7, 42283 Wuppertal, aa-hfmmb@paritaet-nrw.org
Presseanfragen:
Rudolf Boll - Vorsitzender Arbeitsausschuss Hilfen für Menschen mit Behinderung
der LAG Freie Wohlfahrtspflege NRW
c/o Paritätischer Landesverband NRW
Loher Str. 7, 42283 Wuppertal
0202 - 2822-182
boll@paritaet-nrw.org