Essen, 30.04.2010 — Die Freie Wohlfahrtspflege NRW warnt vor Polemik und Populismus in den Wahlkampf-Diskussionen um Leih- und Zeitarbeit. »Das Instrument der Leih- und Zeitarbeit auch in der Pflege kann dort notwendig sein, wo kurzfristige Personalengpässe und Auslastungsspitzen anders nicht mehr abgefangen werden können«, erklärte der Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege (LAG) Andreas Meiwes am Freitag in Essen. In dieser Frage könne man im Kern der Sache keinen Unterschied zu Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) und auch nicht zur Position von SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft erkennen. »Die Politik schafft doch die Rahmenbedingungen für Leih-und Zeitarbeit«, erklärte Meiwes. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) brauche Leiharbeiter ausschließlich für Krankheitsvertretungen, wende das Betriebsverfassungsgesetz an und entlohne die Beschäftigten nach Tariflöhnen. Trotzdem war sie von Laumann zuletzt mehrfach scharf angegriffen worden.
»Es ist schon drollig, wie Politiker die handelnden Akteure für die Anwendung von Gesetzen schelten, die eben diese Politiker selbst geschaffen haben«, erklärte der LAG-Vorsitzende Meiwes. Gerade die Rahmenbedingungen in der Pflege seien von politischen Vorgaben bestimmt wie kaum ein anderer Bereich. Kostendruck und Zwang zur Flexibilisierung in der sozialen Arbeit machten vor den Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege nicht halt. »Sie sind Folge gesetzlicher Regelungen, von der Politik gewollt und von ihr zu verantworten«, betonte Meiwes. Deswegen könnten auch Wohlfahrtsverbände unter hohem Kostendruck häufig nicht mehr auf Leih- und Zeitarbeit verzichten.
»Ich nehme Minister Laumann ab, dass ihm die Situation der Pflegenden ein echtes Herzensanliegen ist«, erklärte der LAG-Vorsitzende Meiwes. Bei der Thematisierung im Wahlkampf sei allerdings »auch eine gute Portion Populismus mit im Spiel«. Dem Image der Pflegeberufe erweise Laumann damit einen Bärendienst. »Wir werden nach der Wahl von der Politik einfordern, dass sie uns mit demselben Enthusiasmus bei der Verbesserung der politischen Rahmenbedingungen der Pflege in NRW unterstützt«, kündigte Meiwes an.
Sozialminister Karl-Josef Laumann kritisiert seit Monaten vor allem die AWO wegen des Einsatzes von Leiharbeitern. Zuletzt hatte auch Ministerpräsident Jürgen Rüttgers die Vorwürfe wiederholt. Die AWO hat mehrfach erklärt, dass sie Leiharbeit in der Pflege ausschließlich für Krankheitsvertretungen einsetzt. »Die Alternative ist, dass gar keiner da ist«, erklärt der stellvertretende Geschäftsführer der AWO Westliches Westfalen Jörg Richard. Die Leiharbeitsfirmen der AWO seien nicht gewinnorientiert. Mehr festes Personal könne man nicht anstellen. »Wir können nicht mehr beschäftigen als die Pflegekassen uns finanzieren«, sagt Richard. Beim Pflegepersonal liege die Leiharbeiterquote der AWO Westliches Westfalen derzeit bei 4,6 Prozent.