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Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen e. V. | Detail

Armut zu bekämpfen ist eine politische Entscheidung

„Die Ausbreitung von Armut darf nicht hingenommen werden“ mahnt der Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW Dr. Frank Johannes Hensel anlässlich des Welttags zur Beseitigung der Armut (17.10.). „Armut wirksam zu bekämpfen ist eine politische Entscheidung, die oben auf die Agenda gehört!“

„Die Menschen müssen eine Chance haben, der Armut zu entkommen“, sagt Hensel. Die Zeche für die aktuelle Krise dürften nicht die Armen zahlen. Es müsse sichergestellt werden, dass alle Bürgerinnen und Bürger vergleichbare Möglichkeiten zur Teilhabe an einer Gesellschaft und angemessene Lebensbedingungen haben. „Armut nicht zu bekämpfen, ist ein Versäumnis an den Menschen“, sagt Hensel.

Konkret bedeute das in Deutschland beispielsweise eine deutliche Anhebung der Hartz-IV-Sätze, damit Armut nicht festgeschrieben wird. Derzeit liegen die Regelsätze bei 432 Euro für alleinlebende Erwachsene. „Die von der Bundesregierung geplante Erhöhung des Regelsatzes zum Jahreswechsel um 14 Euro für eine alleinstehende Person ist entlarvend niedrig. Sie ist nicht einmal annähernd alltagsgerecht“, kritisiert Hensel. „Nur mit einer ernsthaften Bedarfsgerechtigkeit wäre auch aus wissenschaftlicher Sicht der Einkommensarmut wirksam zu begegnen“, erklärt Hensel.

Kritik an der Berechnung der Hartz-IV-Regelsätze

„Elementare Grundbedürfnisse nicht anzuerkennen, geht an der Lebenswirklichkeit der betroffenen Menschen vorbei und verfestigt die steigende Armut in unserem Land“, kritisiert Hensel. Das von der Bundesregierung angewandte Statistikmodell bei der Berechnung der Regelsätze habe methodische Fehler. So beziehe sich das entsprechende Gesetz auf die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe aus 2018. Die gesetzlich festgelegten Anhebungen der Regelsätze der letzten Jahre stimmten nicht einmal mit den zugrundeliegenden Regelbedarfsberechnungen überein.

Auch bei der Auswahl der Referenzgruppen bei der Berechnung der Hartz-IV-Regelsätze ließen sich Fehler nachweisen. Einerseits blieben die Gruppen der Menschen, die Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung erhalten, außerhalb der Berechnungen. Andere einkommensschwache Gruppen wie Studenten oder „Aufstocker“ wurden dagegen einbezogen. Insgesamt dienen nur bestimmte Gruppen aus dem unteren Einkommenssegment mit ihren Bedarfsangaben als Referenz für die Regelsätze. Tatsächliche durchschnittliche Bildungsausgaben für Kinder werden auf diese Weise ausdrücklich nicht eingepreist. Benachteiligte dieser Rechentechnik sind mehr als sieben Millionen Menschen in Deutschland.

Weitere Beispiele bei der Berechnung der Regelsätze: Für Strom- und Energiekosten werden 36,87 Euro und beim öffentlichen Nahverkehr und für Mobilität nur 39,01 Euro monatlich anerkannt. Die Stromkosten schon für einen Einpersonenhaushalt liegen in Wirklichkeit deutlich höher. Jeder Mensch kann sich selbst ausrechnen, für wie viele Fahrten zum Einkauf, Behördengängen, Ärzten oder Besuchen 39,01 Euro reichen können.

Hintergrund: Zur grundlegenden Neu-Bemessung der Regelsätze in der Grundsicherung ist der Bundesgesetzgeber verpflichtet. Alle vier Jahre werden mit der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe auch die grundlegenden Vergleichsdaten der Regelsätze neu ermittelt.

Der 17. Oktober ist seit 1992 Internationaler Tag zur Beseitigung der Armut. Das Europäische Netzwerk zur Bekämpfung der Armut (EAPN) ist das größte europäische Netzwerk nationaler, regionaler und lokaler Netzwerke, an dem NRO und Basisgruppen zur Bekämpfung der Armut sowie europäische Organisationen beteiligt sind, die sich für die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung einsetzen. Es wurde 1990 gegründet.

Informationen unter www.eapn.eu

#PovertyWatch #EndPoverty

In der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW haben sich 16 Spitzenverbände in sechs Verbandsgruppen zusammengeschlossen. Mit ihren Einrichtungen und Diensten bieten sie eine flächendeckende Infrastruktur der Unterstützung für alle, vor allem aber für benachteiligte und hilfebedürftige Menschen an. Ziel der Arbeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW ist die Weiterentwicklung der sozialen Arbeit in Nordrhein-Westfalen und die Sicherung bestehender Angebote. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW weist auf soziale Missstände hin, initiiert neue soziale Dienste und wirkt an der Sozialgesetzgebung mit.