Dortmund, 14. Mai 2018. Wenn sich die Rahmenbedingungen in der Pflege nicht verbessern, wollen viele Altenpflegeschüler den Beruf verlassen. Dabei würde die Mehrheit gerne in der Pflege bleiben. Das war das Ergebnis einer Handy-Umfrage bei 150 zukünftigen Fachkräften bei einer Veranstaltung der Freien Wohlfahrtspflege NRW im Lensing Carrée Conference Center in Dortmund.
Die Altenpflegeschülerinnen und -schüler aus fünf Fachseminaren aller Wohlfahrtsverbände diskutierten dort mit pflegepolitischen Sprechern der Landtagsfraktionen: Peter Preuß (CDU), Nadja Lüders (SPD), Susanne Schneider (FDP) und Mehrdad Mostofizadeh (Bündnis 90/Grüne).
Die meist jungen Menschen machten deutlich, dass Pflege ein anspruchsvoller Beruf ist. "Ich bin Modeassistentin, Friseurin, Seelsorgerin" berichtete eine Teilnehmerin von ihrem Tagesablauf im Altenheim. Dem anspruchsvollen Beruf fehle es aber an Anerkennung in Gesellschaft und Politik. Die Teilnehmenden forderten bessere Ausbildungsbedingungen und bessere Praxisanleitung. Sie seien viel zu oft Lückenbüßer für fehlendes Personal. Besonders prominent in den Handy-Umfragen während der Veranstaltung war die Forderung nach mehr Geld in der Pflege – für mehr Zeit in der Pflege, für planbare Freizeit und mehr Zeit für die Pflegebedürftigen. „Ein höherer Beitrag zur Pflegeversicherung ließe sich den Steuerzahlern vermitteln“, um mehr Geld für die Pflege zu bekommen, meinte Nadja Lüders von der SPD. Mehrdad Mostofizadeh sprach sich für eine neue Diskussion über eine ergänzende Finanzierung aus Steuermitteln aus. Susanne Schneider regte eine Imagekampagne für die Pflege an. Peter Preuß pflichtete bei: „Wir dürfen die Pflege nicht schlecht reden“. Um die Selbstorganisation der Pflege zu stärken, sei es wichtig, in NRW eine Pflegekammer einzurichten.
Christian Heine-Göttelmann, der Vorsitzende der Freien Wohlfahrtspflege NRW, freute sich, dass das Thema Pflege in der Gesellschaft angekommen ist. Hierzu hätten auch die vielen Aktionen der Wohlfahrtspflege zum Tag der Pflege beigetragen, an über 100 Standorten in Nordrhein-Westfalen. Die Freie Wohlfahrtspflege sei bereit, die Politik bei der Lösung der drängenden Probleme zu unterstützen. „Welche Fachkräfte brauchen wir? Wer soll pflegen? Und wie soll gepflegt werden?“ Diese Fragen warteten auf neue Antworten. Deutlich wies er darauf hin, dass die Altenpflegeseminare jetzt ausreichend finanziert werden müssten und nicht auf 2020 vertröstet werden dürften, wenn die generalistische Pflegeausbildung eingeführt wird.
„Bei den vielfältigen Herausforderungen gibt es nicht die eine Lösung“, erklärte Uwe Hildebrandt, Geschäftsführer der AWO Westliches-Westfalen und Vorsitzender des LAG-Ausschusses Pflege, Gesundheit, Alter. Die Probleme seien regional sehr unterschiedlich, besonders zwischen Stadt und Land. Für viele Träger sei es inzwischen riskant, in Einrichtungen auf dem Land zu investieren, wenn dort schon in naher Zukunft die Fachkräfte fehlen könnten. In der Diskussion wurde deutlich, dass vor allem gut ausgebildete Fachkräfte gebraucht werden.
Die Dortmunder Sozialdezernentin Birgit Zoerner sprach sich für eine öffentlich geförderte Beschäftigung aus, um ergänzend Assistenzkräfte einsetzen zu können.
Mit dem Gespräch zwischen Pflegeschülern und den Pflegepolitikern betrat die Freie Wohlfahrtspflege NRW Neuland. Die Teilnahme der 150 Schülerinnen und Schüler aus den Fachseminaren von AWO, Caritas, Diakonie, dem Roten Kreuz und dem Paritätischem Wohlfahrtsverband zeigte, dass die Probleme der Pflege den zukünftigen Fachkräften unter den Nägeln brennen und sie zunehmend engagiert für die Zukunft ihres Berufes streiten wollen. Während der Veranstaltung wurden von den Teilnehmenden über 100 Fragen online eingereicht.
Bei den Trägern der Freien Wohlfahrtspflege in NRW arbeiten 130.000 Pflegekräfte, die fast 300.000 Menschen in rund 900 ambulanten Pflegediensten, 500 Tagespflegeeinrichtungen und 1500 Altenheimen betreuen.
Fotos von der Veranstaltung und weitere Informationen zum Tag der Pflege:
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