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Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen e. V. | Detail

Polit-Talk Arbeit für alle!

Mit dem 2019 beschlossenen Teilhabechancengesetz wurde ein arbeitsmarktpolitischer Paradigmenwechsel vollzogen: Weg vom Vorrang kurzer Qualifizierung, schneller Vermittlung und hohem Sanktionsdruck, hin zur „Schaffung neuer Teilhabechancen für Langzeitarbeitslose auf dem allgemeinen und sozialen Arbeitsmarkt“.

Teilhabechancen am Arbeitsmarkt verbessern

POLIT-Talk zur Arbeitsmarktpolitik nach der Bundestagswahl

Insbesondere das neue Instrument „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ (§ 16 i SGB II) müsse nach der Bundestagswahl entfristet werden, forderten die Wohlfahrtsverbände bei dem digitalen POLIT-Talk mit Bundestagskandidaten, bei dem über 60 Teilnehmende zugeschaltet waren. „Der soziale Arbeitsmarkt ist eine Chance für viele langzeitarbeitslose Menschen und hat sich bewährt“, sagte Giulia Maira, Sprecherin des Arbeitsausschusses Arbeit/Arbeitslosigkeit der LAG Freie Wohlfahrtspflege NRW. Das mache der Zwischenbericht zur Evaluation des Teilhabechancengesetz des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit deutlich. In der Tat ist Dr. Frank Bauer vom IAB froh, dass seit den Reformen des Teilhabechancengesetzes in erster Linie gefragt werde, wie lange Personen schon arbeitslos im SGB II-Bezug sind. Denn daraus ergibt sich der Zugang zu den Instrumenten §§ 16 e und 16 i SGB II. Früher sei nach sogenannten „in der Person liegenden Vermittlungshemmnissen“ gefragt worden. „Furchtbar“, so Bauer, denn solches Fragen führte automatisch zu Stigmatisierung, zu negativem Blick auf die Schwächen der Person. Und in sich unsinnig – wie soll ein Mensch in seiner Person liegende Hemmnisse durch Maßnahmen beseitigen können?

Bauers Resümee: Im Wesentlichen wurden mit dem neuen § 16 i SGB II die richtigen Zielgruppen erreicht. Ältere Menschen über 50 sind stark überrepräsentiert, dazu 20 % „Altfälle“ aus dem Vorgängerprogramm Soziale Teilhabe. Aber auch: hoher Anteil von Personen mit deutschem Pass und Berufsausbildung, hoher Anteil Alleinstehender und Alleinerziehender – hier sieht er Nachsteuerungsbedarf. (Bauers Vortrag steht auf dieser Seite zum Download als PDF-Dokument zur Verfügung).

Die Wohlfahrtsverbände hatten die positiven Zwischenergebnisse der Evaluation begrüßt: Das Teilhabechancengesetz biete vielen Langzeitarbeitslosen eine neue Perspektive –  sie erhalten Lohn und Anerkennung und können somit wieder am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilhaben. Das sahen alle Politiker*innen ähnlich: Arbeit ist sinnstiftend und gibt Struktur. Ebenso herrschte Konsens, dass unter den aktuellen Voraussetzungen eine Entfristung von §16 i SGB II gut sei, auch das eine zentrale Forderung der Wohlfahrt.

Friedrich Straetmanns von der Linken kritisierte beim POLIT-Talk das aktuelle (Wirtschafts-)System an sich. Er glaube, dass es unter den geforderten Veränderungen bei einer Regierungsübernahme der Linken keinen Bedarf für ein solches Gesetz geben würde, weil sich dann das gesamte Wirtschaftssystem ändere. Immerhin räumte er ein, dass das Teilhabechancengesetz neue Möglichkeiten „in einem schlechten System“ eröffnet habe.

Kerstin Griese (SPD) sprach ein klares Bekenntnis aus: „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ (§ 16 i SGB II) fortführen! Soziale Teilhabe und soziale Stabilisierung seien wichtig.

Roze Özmen (FDP) hingegen setze einen anderen Akzent: arbeitsmarktpolitische Hilfen verstehe sie als Hilfe zur Selbsthilfe. „Almosen als Dauerzustand“ dürfe es nicht geben. Ganz auf Parteilinie setzt sie auf Bildung, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtere.

Uwe Schummer aus Viersen (CDU und Mitglied im Bundesvorstand der CDA, dem Arbeitnehmerflügel des CDU) kandidiert nicht mehr für den Bundestag. Damit verliert die CDU-Fraktion in der kommenden Legislaturperiode einen ausgewiesenen Sozialpolitiker. Schummer kann sich durchaus vorstellen, dass ein Sozialer Arbeitsmarkt im Allgemeinen Arbeitsmarkt entsteht. Die Inklusionsbetriebe für Menschen mit Behinderung könnten auf diesem Weg eine Art „Lotsenfunktion“ einnehmen. Das Modell der Inklusionsbetriebe könne man weiterentwickeln für Langzeitarbeitslose z. B. mit psychischen Erkrankungen.

Felix Banaszak (Bündnis90/Die Grünen): „Dass Sie diese Veranstaltung machen zeigt, wie sehr Ihnen das Instrument am Herzen liegt.“ Er werde sich in der nächsten Legislaturperiode in jedem Fall für die Entfristung von § 16 i SGB II einsetzen und ansonsten die Ergebnisse der Evaluation des IAB aufgreifen. „Nicht das Ob ist zu diskutieren, sondern das Wie“.

Die Freie Wohlfahrtspflege hatte in ihrem Thesenpapier zur Zwischenevaluation des Teilhabechancengesetzes angeregt, beim Coaching in Zukunft die unterschiedlichen Phasen der persönlichen und beruflichen Entwicklung der Geförderten stärker in den Blick zu nehmen. Die Geförderten sollten die Möglichkeit erhalten, ihre Coaches beispielsweise über Gutscheine deutlich stärker selbst auswählen zu können als bisher. Dabei darf nicht länger ausgeschlossen werden, dass Geförderte sich auch für einen beim Beschäftigungsträger angestellten Coach entscheiden.

Alle teilnehmenden Politiker*innen betonen den hohen Wert des Coachings, sprechen sich für das das Wunsch- und Wahlrecht aus. Banaszak sieht den hohen Wert des Vertrauensverhältnisses beim Coaching, während Kerstin Griese anmerkt,  dass das verbindliche Coaching in Verbindung mit öffentlich geförderter Beschäftigung „einer der großen Fortschritte“ sei, die das Teilhabechancengesetz gebracht habe.

Alle Politiker*innen kritisieren die Ausschreibungen nach Vergaberecht. „Das Vergaberecht ist ein Elend!“, sagte Griese, denn durch das Vergaberecht leide u.a. die Qualität des Coachings extrem.

Markus Lahrmann | Andrea Raab | Giulia Maira


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Teilhabechancengesetz - Ein Beispiel aus Haltern am See

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Teilhabechancengesetz - Ein Beispiel aus Lennestadt

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Teilhabechancengesetz - Ein Beispiel aus Lippstadt

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Teilhabechancengesetz - Ein Beispiel aus Essen