Link zur Startseite

Stellungnahme zum Gesetz über den Nordrhein-Westfalen-Plan für gute Infrastruktur 2025 bis 20236 (NRW-Infrastrukturgesetz 2025 bis 2036)

Die Freie Wohlfahrtspflege Nordrhein-Westfalen begrüßt den Entwurf des „NRW-Infrastrukturgesetzes 2025 bis 2036“. Positiv bewerten wir, dass Kindertageseinrichtungen als zentrale Institutionen der frühkindlichen Bildung im Gesetz ausdrücklich genannt werden und das Land ein Kita-Investitionsprogramm auflegt. Damit werden die Bedarfe der frühkindlichen Bildungsinfrastruktur klar adressiert. Gleichzeitig muss jedoch sichergestellt werden, dass Mittel für weitere Einrichtungen der sozialen Infrastruktur in freier Trägerschaft direkt zugänglich sind und diese als förderfähige Anspruchsberechtigte Investitionen für Sanierung und Modernisierung sowie Bau eigenständig umsetzen können. Dazu gehören insbesondere Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe (wie Offene Ganztagsschulen), der Teilhabe und Eingliederungshilfe (Werkstätten für Menschen mit Behinderung oder integrative Wohnangebote), der Pflege, ambulante Dienste sowie Beratungsstellen und Präventionsangebote.

Diese Einrichtungen erfüllen im Sinne des Subsidiaritätsgrundsatzes und der gesetzlich verankerten Vorrangigkeit freier Träger (vgl. § 4 Abs. 2 SGB VIII; § 124 Abs. 1 Satz 1, § 72 Abs. 3 SGB XI) öffentliche Aufgaben, die andernfalls durch staatliche Stellen übernommen werden müssten. Damit leistet die Freie Wohlfahrtspflege einen wesentlichen und unverzichtbaren Beitrag zur sozialen Infrastruktur. Ein Investitionsprogramm, das auf verlässliche Infrastruktur abzielt und bestehende Defizite abbauen möchte, sollte diese Einrichtungen ausdrücklich berücksichtigen und den gleichberechtigten Zugang für freie Träger im Gesetzentwurf sicherstellen. 

Das Bundesgesetz zur Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen von Ländern und Kommunen (Länder-und-Kommunal-Infrastrukturfinanzierungsgesetz - LuKIFG) fasst unter § 3 Abs. 1 Förderbereiche zusammen. Darunter auch Bereiche, die zentrale Arbeitsbereiche der Freien Wohlfahrtspflege sind: Rehabilitations- und Pflegeinfrastruktur, Bildungsinfrastruktur sowie die Betreuungsinfrastruktur. Digitalisierung ist als übergeordnetes Thema für die Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege ebenfalls von hoher Bedeutung. Aus Sicht der LAG FW ermöglichen die durch das Bundesgesetz vorgegebenen Rahmenbedingungen eine Förderung der Infrastruktur in den Tätigkeitsbereichen der Freien Wohlfahrtspflege.  

Darüber hinaus sieht § 3 Abs. 2 LuKIFG ausdrücklich vor, dass die Förderung trägerneutral zu erfolgen hat. Damit stellt das Bundesrecht klar, dass freie, gemeinnützige und staatliche Träger gleichermaßen förderfähig sind. Die Umsetzung dieser bundesrechtlichen Vorgabe setzt jedoch voraus, dass das Land Nordrhein-Westfalen eine gleichberechtigte Antragstellung auch tatsächlich ermöglicht. Die derzeitige Landesumsetzung eröffnet freien Trägern aber keine unmittelbare Zugangsberechtigung, wodurch eine deutliche Diskrepanz zwischen rechtlicher Förderfähigkeit und tatsächlicher Förderzugänglichkeit entsteht. Mindestens sollte im Gesetz klargestellt werden, dass die Mittel zur Umsetzung von förderkonformen Investitionen an freie Träger weitergeleitet werden können. 
 

Förderung der Infrastruktur durch die Gemeinden und Kreise

In § 2 Abs.2 des Gesetzesentwurfs werden die kommunalen Förderbereiche genannt. Die explizite Nennung von Kitas ist positiv hervorzuheben. Damit das Gesetz jedoch den gesamten sozialen Sektor abdeckt, sollte § 2 Abs.2 um Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, Einrichtungen der Teilhabe und Eingliederungshilfe, Pflegeeinrichtungen sowie ambulante Dienste und Beratungseinrichtungen in freier Trägerschaft erweitert werden. Diese Anpassung würde sicherstellen, dass Investitionen nicht nur klassische Bildungs- oder Betreuungsinfrastruktur stärken, sondern die gesamte soziale Infrastruktur einbeziehen.

Zudem sollte der Gesetzgeber berücksichtigen, dass das Bundesrecht keine Beschränkung auf kommunale Antragsteller vorsieht. Freie Träger erfüllen kommunale Aufgaben im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips und müssen daher auch auf kommunaler Ebene förderfähig bleiben. 
 

Förderung der Infrastruktur durch das Land Nordrhein-Westfalen

Die Investitionsbereiche des Landes werden in § 3 festgelegt. Die soziale Infrastruktur außerhalb der frühkindlichen Bildung wird hier ausgeschlossen. Aus Sicht der Freien Wohlfahrtspflege ist es dringend erforderlich, § 3 so anzupassen, dass Einrichtungen in freier Trägerschaft in allen sozialen Aufgabenbereichen, die der Erfüllung von Landesaufgaben dienen, gefördert werden. Dazu gehören Modernisierung, barrierefreier Ausbau, energetische Sanierung und digitale Ausstattung von Kindertagesstätten, stationären und teilstationären Einrichtungen der Teilhabe, ambulanten Diensten, Pflegeeinrichtungen sowie Beratungseinrichtungen. Folglich schlagen wir vor, eine eigene Förderlinie für soziale Infrastruktur in freier Trägerschaft in § 3 aufzunehmen oder aber die Förderbereiche so zu fassen, dass der Zugang von Einrichtungen der Freien Wohlfahrt sichergestellt wird. Unter Punkt 8 werden zum Beispiel die Zuwendungen an die Krankenhausinfrastruktur beziffert. Hier schlagen wir vor, die Formulierung aus dem Bundesgesetz (LuKIFG) „Krankenhaus-, Rehabilitations- und Pflegeinfrastruktur“ zu übernehmen. Ebenso wird der Begriff der „Bildungsinfrastruktur“ lediglich auf den frühkindlichen Bereich und auf Hochschulen beschränkt. Nicht berücksichtigt werden alle anderen Bildungsinstitutionen, wie zum Beispiel Pflegefachschulen; auch sie sollten explizit erwähnt werden.  

Darüber hinaus sollte im Gesetz verankert werden, dass das Land eine Landesförderrichtlinie erlässt, die die Antragstellung für freie Träger ausdrücklich zulässt. Nach § 44 Landeshaushaltsordnung NRW ist das Land rechtlich uneingeschränkt befugt, Zuwendungen direkt an freie Träger zu gewähren. Eine Beschränkung auf kommunale Antragsteller ist weder bundesrechtlich noch landesrechtlich erforderlich und steht im Widerspruch zur im LuKIFG geforderten Trägerneutralität. 
 

Gleichberechtigter Zugang der Freien Wohlfahrtspflege zur Förderung 

Für eine wirksame Umsetzung des Gesetzes ist eine bürokratiearme und praxistaugliche Ausgestaltung der Förderverfahren von zentraler Bedeutung. § 4 des Gesetzentwurfs sieht Regelungen zur Bewilligung, Auszahlung und Nachweisführung der Mittel vor.

Als förderberechtigt gelten auch „Sachinvestitionen Dritter in deren Infrastruktureinrichtungen, soweit diese der Erfüllung von Landesaufgaben oder kommunalen Aufgaben dienen“. Dieses trifft auf die Träger der Freien Wohlfahrtspflege zu. Es braucht eine Festschreibung der Berücksichtigung von Trägern der Freien Wohlfahrtspflege als förderberechtigte und anspruchsberechtigte Zuwendungsempfänger in dem Gesetzesentwurf.

In dieser Hinsicht braucht es eine Spezifizierung, was trägerneutral (§ 4, Abs. 6) bedeutet. Aus Sicht der LAG FW bedeutet Trägerneutralität, dass die Förderung nicht von der Rechtsform oder Trägerschaft der Einrichtung abhängt. Freie Träger, kommunale Einrichtungen oder Landesbetriebe werden gleichermaßen berücksichtigt, und die Mittel dürfen nicht zu Lasten freier Träger interpretiert werden. Es braucht an der Stelle Bestimmungen, wonach freie Träger selbstständig antragsberechtigt sind. Im vorliegenden Entwurf besteht eine Diskrepanz zwischen rechtlicher Förderfähigkeit und tatsächlicher Förderzugänglichkeit.¹ 

Darüber hinaus ist es für Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege wesentlich, dass Anforderungen an die Antragstellung und den Nachweis nicht zu komplex ausfallen. Eine solche Ausgestaltung gewährleistet, dass auch kleinere und mittelgroße Träger die Förderung effektiv nutzen und freie Träger insgesamt gleichberechtigt neben kommunalen Einrichtungen agieren können. Dadurch wird nicht nur die soziale Infrastruktur gestärkt, sondern auch die Zielsetzung des Gesetzes erfüllt, die Modernisierung öffentlicher Aufgabenbereiche breit und nachhaltig voranzubringen. 

Zusätzlich ist klarzustellen, dass ohne Beteiligung der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege bei der Ausarbeitung der Verwaltungs- und Förderrichtlinien die Gefahr besteht, dass freie Träger strukturell benachteiligt werden. Eine solche Beteiligung ist erforderlich, um die Gleichbehandlung sicherzustellen und praxistaugliche, rechtssichere Verfahren zu entwickeln.

Abschließend ist anzumerken, dass die Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur nur gelingen kann, wenn die gesetzlichen Strukturen den tatsächlichen Versorgungsrealitäten entsprechen. Die freie Wohlfahrtspflege trägt in weiten Teilen des Landes die Verantwortung für zentrale Angebote der Jugendhilfe, Teilhabe, Pflege und Beratung. Ein Infrastrukturgesetz, das diesen Trägern keinen gleichberechtigten Zugang eröffnet, würde hinter den normativen Vorgaben des Bundes zurückbleiben und den Grundsatz der Trägerneutralität nur unzureichend umsetzen. Wir appellieren daher an den Landtag, die notwendige rechtliche Klarstellung vorzunehmen und damit die Voraussetzungen für eine belastbare und zukunftsfähige soziale Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen zu schaffen. 


¹ Das LuKIFG enthält keine Beschränkung auf staatliche Trägerschaften. Nach Wortlaut und Systematik (§ 3 Abs. 2 LuKIFG) sind freie Träger rechtlich förderfähig, sofern ihre Investitionen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen. Der Förderzweck des Gesetzes ist damit grundsätzlich inklusiv ausgestaltet. Rechtlich wäre das Land jedoch befugt, auch direkte Zuwendungen an freie Träger vorzusehen (§ 44 Landeshaushaltsordnung NRW), sofern diese eine kommunale Aufgabe erfüllen und die Fördervoraussetzungen des Lu-KIFG einhalten. 

Zurück