Essen - Die höhere Nachfrage von Eltern nach Betreuungsplätzen in Kindertagesstätten macht zusätzliche Anstrengungen des Landes bei der Finanzierung notwendig. Darauf haben die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege am Donnerstag in einer Bilanz zur Einführung des Kinderbildungsgesetztes (KiBiz) hingewiesen. »Der tatsächliche Betreuungsbedarf von Familien auch für Kinder unter drei Jahren wurde bislang unterschätzt«, sagte der Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (LAG) Andreas Meiwes. Eltern wünschten mehr Betreuung und Bildung als erhofft und von der Landesregierung prognostiziert. »Dass dies zu höheren als den eingeplanten Kosten führt und mehr Geld bereitgestellt werden muss, ist eine richtige, aber nicht überraschende Konsequenz«, betonte Meiwes. Er forderte eine Erhöhung der ausgehandelten KiBiz-Pauschalen, um die erforderliche personelle Mindestbesetzung zu finanzieren. »Das kann nicht bis zur Revision 2011 aufgeschoben werden, sagte der LAG-Vorsitzende.
Bei anstehenden baulichen Maßnahmen für den Ausbau der Plätze für Kinder unter drei Jahren beklagte Meiwes einen Sanierungsstau, »der durch die kontinuierliche Kürzung der Sachkostenmittel verschärft wurde«. Hier müssten »dringend schon im Rahmen des aktuellen Landeshaushaltes Mittel für Investitionen in Kindertageseinrichtungen eingestellt werden«, forderte Meiwes. Die veränderten aber notwendigen Anforderungen an die räumlichen Bedingungen könnten nicht allein von den Trägern finanziert werden.
Regional unterschiedliche Elternbeiträge kritisierte der Vorsitzende des Arbeitsausschusses Kindertageseinrichtungen der LAG Freie Wohlfahrtspflege Heinz-Josef Kessmann als Folge der Umstellung auf das KiBiz. Er beklagte fehlende Übergangsregelungen, Zeitdruck und verspätete Verfahrensregelungen. Das alles habe zu »regional sehr unterschiedlichen Interpretationen des KiBiz und damit zu erheblichen Verunsicherungen bei den Verantwortlichen« geführt. So sei das erste KiBiz-Jahr (August 2008 bis August 2009) wegen fehlender Software bis heute nicht abgerechnet worden. »Hier wird deutlich, dass eine einheitliche Steuerung der Gesetzespraxis durch das Land fehlt«, sagte Kessmann.
In ihrer Bilanz zur Einführung des KiBiz sieht die Freie Wohlfahrtspflege Gewinner und Verlierer unter den Kindertageseinrichtungen. »Größere Probleme haben vor allen Dingen die Einrichtungen mit besonderen Betreuungsangeboten wie überlangen Öffnungszeiten oder Einrichtungen mit früher so genannten kleinen altersgemischten Gruppen«, sagte Kessmann. Auch viele spezialisierte Einrichtungen oder Kitas mit höheren Personalkosten gehörten zu den Verlierern.
Die angestrebte Verringerung des Verwaltungsaufwandes konnte nach Einschätzung der Kita-Träger keinesfalls erreicht werden. Vernachlässigt wurde auch die eigentlich beabsichtigte fachlich-strukturelle Weiterentwicklung des Systems, sagte Kessmann. Viele Beteiligte klagten über fachlichen Rückschritt und Standardabbau. Hier sehe die Freie Wohlfahrtspflege zentrale Möglichkeiten für die Weiterentwicklung des KiBiz. Kessmann mahnte Investitionen in die Ausbildung von Fachkräften, zum Beispiel die Beschäftigung von Berufspraktikanten, an. Die Aufwertung des Erzieherinnenberufes müsse auch finanziell untermauert werden und sachlich gewollte Weiterentwicklungen wie die Familienzentren ausreichend refinanziert werden.
Markus Lahrmann
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