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Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen e. V. | Detail

Verbraucherinsolvenz: Freie Wohlfahrtspflege setzt sich für weitere Reformschritte ein

Düsseldorf, 4. November 2019. 20 Jahre nach Inkrafttreten der Verbraucherinsolvenzordnung von 1999 zogen die Fachleute der Freien Wohlfahrtspflege Bilanz und suchten Ausblicke in die Zukunft. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie die EU-Restrukturierungsrichtlinie zum Wohl überschuldeter Menschen in nationales Recht umgesetzt werden kann.

In seiner Eröffnungsrede bei der Fachtagung in Mülheim, die in Kooperation von Familienministerium und Freier Wohlfahrtspflege NRW durchgeführt wurde, betonte Staatssekretär Andreas Bothe: „Es ist ein großes Verdienst der Beratungslandschaft in Nordrhein-Westfalen, dass sie die gesamte Lebenssituation der Ratsuchenden in den Blick nimmt und sie sowohl in finanziellen Fragen als auch in psychosozialen Notlagen unterstützt. Mein herzlicher Dank gilt allen Beteiligten, die es über 20 Jahre auf eindrucksvolle Weise geschafft haben, immer am Puls der Zeit zu sein und das Beratungsangebot entsprechend den Bedürfnissen der Menschen weiterzuentwickeln.“

„Wir werden als Freie Wohlfahrtspflege weiterhin konstruktiv mit dem Ministerium und der Landesregierung zusammenarbeiten“, versicherte Dr. Frank-Johannes Hensel, Direktor des Diözesan-Caritasverbandes für die Erzdiözese Köln und Vorsitzender des Arbeitsausschusses Armut und Sozialberichterstattung der Freien Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen. 1999 habe es einen wirklichen Neustart für Überschuldete gegeben. Die Insolvenzordnung habe eine zweite Chance auf ein Leben ohne Schulden eröffnet. Überschuldung, so Hensel, bleibe ein gravierendes soziales Problem. Dankbar zeigte er sich für den Einsatz der Mitarbeitenden in den Beratungsstellen und dafür, dass die landesfinanzierte Verbraucherinsolvenzberatung als staatliche Aufgabe wahrgenommen wird.

Die EU-Richtlinie von Juli 2019 muss in den nächsten zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden. Dabei ist zu erwarten, allerdings noch nicht endgültig rechtlich kodifiziert, dass die Frist für die Restschuldbefreiung von sechs auf drei Jahre verkürzt wird. Private Verbraucher und Unternehmen sollten gemäß EU-Recht gleichgestellt werden. Wie bisher auch ist bei dieser Reform des Insolvenzrechts allerdings die Gläubigersicht mit einzubeziehen.

Vertreter aus der Beratungspraxis der Freien Wohlfahrtspflege begrüßen, dass die Drei-Jahres-Frist jetzt kommen soll. Die Freie Wohlfahrtspflege fordert Restschuldbefreiung nach drei Jahren „ohne Wenn und Aber“ und frühzeitige Löschungen in den Auskunfteien, damit etwa Schuldner in Zeiten der gegenwärtigen Krise am Wohnungsmarkt überhaupt eine Wohnung finden können.

Zum Hintergrund:
Zwölf Prozent aller Menschen in Nordrhein-Westfalen sind überschuldet. In Duisburg sind es 83.000 von 500.000 Einwohnern. 17 Prozent davon sind Unter-Zwanzigjährige. 209 anerkannte Beratungsstellen bieten in NRW Ratsuchenden Hilfe an.

Dr. Hensel mit Staatssekretär Bothe

Dr. Hensel mit Staatssekretär Bothe Foto: Maike Cohrs, Diakonie Köln und Region