„Ferienzeit bedeutet für viele Erholung, Kraft tanken und gemeinsame Erlebnisse. Doch für armutsbetroffene Familien ist genau das oft nicht möglich“, sagt Michaela Hofmann von der Freien Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen. „Urlaub ist kein Luxus, sondern eine wichtige Auszeit, besonders für Kinder und Jugendliche. Doch wer jeden Euro dreimal umdrehen muss, kann sich keine Reise, keinen Ausflug, keinen Schwimmbadbesuch und oft nicht einmal ein Eis leisten.“
Soziale Ausgrenzung
Die sechswöchigen Sommerferien können besonders für Menschen mit Armutserfahrung eine herausfordernde Zeit werden, denn vieles, was in den Ferien attraktiv ist, koste Geld; etwa Eintrittsgelder für Schwimmbad und Museen, Ausflüge, Fahrt- und Reisekosten oder der Restaurantbesuch.
Diese Form der sozialen Ausgrenzung hat Folgen: Gerade Kinder und Jugendliche berichten von Schamgefühlen, weil sie nach den Ferien nichts Spannendes erzählen können. Eltern erleben zusätzlichen Stress, weil sie ihren Kindern keine Erlebnisse bieten können. Die psychische Belastung steigt, während das soziale Miteinander leidet.
Alleinerziehende und Alleinlebende besonders betroffen
Nach aktuellen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes[1] lebt gut jede fünfte Person (21 %) in einem Haushalt, der sich nach eigenen Angaben keine einwöchige Urlaubsreise leisten kann. Alleinerziehenden fehlt besonders häufig das Geld für einen Urlaub: 38 Prozent der Alleinerziehenden gaben an, sich und ihren Kindern keine einwöchige Urlaubsreise leisten zu können. Auch unter Alleinlebenden war der Anteil mit 29 Prozent überdurchschnittlich hoch. EU-weit lebt gut ein Viertel der Bevölkerung in Haushalten (27 %), die sich keine einwöchige Urlaubsreise leisten können.
Die Freie Wohlfahrtspflege fordert daher
- politische Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut, die das Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen im Blick hat, Ausgrenzung vermeiden und Teilhabe ermöglichen,
- eine Ausweitung von Stadtcards oder die Einführung einer NRW-Card für jedes Kind mit einer bestimmten Anzahl von Freizeitaktivitäten sowie mehr kostengünstige Freizeit- und Ferienangebote. Kinder und Jugendliche müssen unabhängig vom Einkommen ihrer Elternteilhaben können,
- ein stärkeres gesellschaftliches Bewusstsein dafür, dass Urlaub keine Selbstverständlichkeit ist, und dass Ausgrenzung in der Freizeit ebenso schmerzt wie im Alltag.
„Wenn sich zahlreiche Familie in unserem Land nicht einmal eine Woche im Jahr Auszeit leisten können, dann ist das ein Symptom wachsender sozialer Ungleichheit“, so Hofmann. „Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass Erholung zur Frage des Geldbeutels wird. Alle Kinder haben ein Recht auf schöne Ferien – nicht nur die, deren Eltern es sich leisten können.“
[1] www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2025/PD25_26_p002.html