Bielefeld, 13.11.2014. Die UN-Behindertenrechtskonvention fordert, dass Menschen mit Behinderungen überall da arbeiten können, wo andere auch arbeiten. Das stellt die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen vor neue Herausforderungen. Der 3. Westfälische Werkstättentag am 13. und 14. November in Bielefeld befasst sich mit der zukünftigen Ausrichtung und der Weiterentwicklung der Werkstätten für behinderte Menschen. Erstmalig sind auch die Werkstatträte an der Umsetzung beteiligt, die die Interessen der behinderten Beschäftigten vertreten. »Die inklusive Gesellschaft, an der wir uns orientieren können, der inklusive Arbeitsmarkt existieren noch nicht; es gilt Pionierarbeit zu leisten«, sagte Josef Lüttig, Vorsitzender des Arbeitsausschusses Arbeit/Arbeitslosigkeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW und Direktor des Caritasverbandes für das Erzbistum Paderborn zum Auftakt der Veranstaltung. Es gelte nach praxistauglichen Lösungen zu streben. »Hierzu sind wir den Menschen mit Behinderungen in unserem Land verpflichtet.«
Behindertenwerkstätten bemühen sich, Menschen mit Behinderungen, die es wollen, auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu vermitteln und sie dort zu begleiten. Dennoch bleibt trotz vielfältiger Unterstützungsleistungen die Anzahl von einem Prozent, die in den ersten Arbeitsmarkt wechseln können, gering, gemessen an circa 300.000 Werkstattplätzen in der BRD. »In einer inklusiver werdenden Gesellschaft darf das Berufsleben für behinderte Menschen nicht exklusiv gestaltet sein. Deshalb müssen Werkstätten für behinderte Menschen ihre Unterstützungsleistungen auch an Orten des allgemeinen Arbeitsmarktes anbieten«, so Markus Toepffer, Leiter der Werkstatt für behinderte Menschen der Stiftung Eben-Ezer in Lemgo. Schon jetzt begleiten Behindertenwerkstätten Arbeitsplätze bei Arbeitgebern des ersten Arbeitsmarkts, so genannte Außenarbeitsplätze in Arbeitsbereichen. Hier müssen vermehrt Arbeitgeber gefunden werden, die entsprechende Arbeitsplätze anbieten.
Häufig sind allerdings die Anforderungen der Wirtschaft für Menschen mit Behinderungen zu hoch. Insbesondere Menschen mit schwersten mehrfachen Behinderungen benötigen den bisherigen Rahmen der Werkstatt. »Behindertenwerkstätten müssen weiterhin als qualifizierende Institution tätig sein. Werkstätten können Arbeit für Menschen mit Behinderungen passend zur Verfügung stellen. Am ersten Arbeitsmarkt muss der Mensch dem Arbeitsprozess dienen«, meint Ottokar Baum, Geschäftsführer, Stiftung Bethel, Stiftungsbereich proWerk in Bielefeld. Der 3. Westfälische Werkstättentag wird zusammen mit Vertretern von Arbeitgeberverbänden und Werkstatträten Wege erarbeiten, wie Werkstätten zukünftig zusammen mit Unternehmen und Beschäftigten die berufliche Teilhabe behinderter Menschen umsetzen und erweitern können.
Mehr als 800.000 Menschen und damit knapp zehn Prozent der Bevölkerung in Westfalen-Lippe haben eine Schwerbehinderung. Rund 90.000 von ihnen arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, rund 22.000 sind arbeitslos. Über 40.000 Menschen arbeiten in Werkstätten für behinderte Menschen — mit stark steigender Tendenz.?
Der 3. Westfälische Werkstättentag wird veranstaltet vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe und der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Programmgestaltung und Durchführung verantwortet die Allianz der diakonischen Werkstätten in OWL, namentlich der von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel/proWerk, Bielefeld, der Diakonie Stiftung Salem, Minden, der diakonischen Stiftung Wittekindshof, Bad Oeynhausen und der Stiftung Eben-Ezer, Lemgo in Zusammenarbeit mit der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe.